„Milch, Märkte, Masterpläne“ So lautete das Motto des 12. „Forum Milch NRW“ der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (LV Milch NRW) am 5. September 2018. Der vollzogene Umbruch in der europäischen Milchmarktpolitik stelle alle Marktteilnehmer vor neue Herausforderungen, erklärte Wilhelm Brüggemeier, Westfälischer Vorsitzender der LV Milch NRW den rund 120 Teilnehmern. Das führe dazu, dass der Ruf nach einem Masterplan immer lauter werde. Wie dieser jedoch auszusehen hat – darin gehen die Meinungen weit auseinander. Auch darum sei ein Dialog auf Augenhöhe beim Forum Milch NRW von immenser Wichtigkeit.
Dr. Bettina Hartwig vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft überbrachte die Grüße von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner. „Es muss da-ran gearbeitet werden, die Milchbranche robuster gegenüber Preisschwankungen aufzustellen. Dafür gibt es nicht die eine Lösung, das eine Instrument. Hier muss auf vielen Baustellen gearbeitet werden. Dazu zählen vor allem eine erhöhte privatwirt-schaftliche Vorsorge zum Umgang mit Preisschwankungen, die Modernisierung der Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien, eine enge und schlag-kräftige Zusammenarbeit der Akteure in der Wertschöpfungskette und eine Erhö-hung der Wertschöpfung bei Milcherzeugnissen.“
Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sagte anlässlich der Veranstaltung: „Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger sowie die Molkereien stehen vor der wichtigen Aufgabe, sich noch besser auf den Markt mit schwankenden Preisen einzustellen. Viele Molkereien haben sich bereits auf den Weg gemacht und zum Beispiel Festpreismodelle angeboten oder die Vertragsgestaltung neu geregelt. Die Landesregierung setzt sich für nachhaltige Rahmenbedingungen für die Betriebe ein: Zum Beispiel mit der Absatz- und Investitionsförderung und der Förderung von Agrarumwelt- und Tierschutzmaßnahmen.“
Dr. Torsten Hemme, Vorstand vom International Farm Comparison Network (IFCN AG), stellt fest, dass eine Vielzahl an Faktoren zusammenkommen muss, um ein kon-tinuierliches Wachstum der Milchregionen zu gewährleisten – wettbewerbsfähige Milchviehbetriebe seien dafür eine Grundvoraussetzung. „Milch ist weltweit das wertvollste Agrarprodukt geworden und hat einen der volatilsten Preise. Mit einer gewissen Verzögerung folgen fast alle Länder dem Weltmarktpreis. Ein Masterplan für jegliche Region in Deutschland ist abhängig von den globalen Ent-wicklung und speziell der Nachfrage nach Milch weltweit.“
Der Geschäftsführer der DMK Deutsches Milchkontor GmbH, Ingo Müller, ist der festen Überzeugung, dass es für eine so große Branche mit so vielen Beteiligten einen gemeinsamen Rahmen braucht. „Nur wenn es der Branche gelingt, Zukunftsszenarien gemeinsam zu erarbeiten, können wir Veränderungen herbeiführen. Kultur, Führung und Kommunikation sind wesentliche Treiber für einen Veränderungsprozess. Was wir im eigenen Unternehmen merken und umsetzen, gilt auch für den Wandel, den die Branche dringend benötigt.“ Themen wie Tierwohl, Lebensmittelsicherheit oder Transparenz seien Themen, mit denen gewinne man in der öffentlichen Debatte zusammen oder man verliere zusammen. „Nur wenn wir mit einer Position gemeinsame Lösungen anbieten, sind wir langfristig erfolgreich und können auch mit einer Stimme Positionen erarbeiten und Teil der Lösung sein. Ansonsten sind wir immer Teil des Problems“, ergänzt er.
Für Karsten Schmal, Milchpräsident beim DBV, müssen insbesondere die Wettbe-werbsfähigkeit der Branche, der Umgang mit Preisschwankungen und die Kommu-nikation in Sachen moderner Milchviehhaltung in den Fokus rücken. „Die Herausfor-derungen an den Milchsektor nehmen vor dem Hintergrund global vernetzter Märk-te und sich verändernder Verbraucherwünsche zu. Daraus resultieren zum einen Chancen, wie eine höhere Wertschöpfung, zum anderen aber auch Risiken, wie ver-mehrte Preisschwankungen. Hinzu kommen gesellschaftliche Ansprüche an die Milchviehhaltungen, die den Tier- und Umweltschutz betreffen. Mit diesen Themen-feldern werden wir uns in Zukunft intensiver innerhalb der Milchbranche auseinan-dersetzen müssen.“
Jeroen Elfers, Director Cooperative Affairs bei FrieslandCampina, weist darauf hin, dass sich die Milchwirtschaft in einer Zeit des Umbruchs befindet. Die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte habe die Milcherzeuger dazu getrieben, in Volumen und Effizienz zu investieren. „Wir haben heute Verbraucher, die sich der weltweiten Nachhaltigkeitsfrage bewusst sind und immer mehr Forderungen dazu stellen, wie ihr Essen produziert wird. Währenddessen wächst die Distanz zwischen Städtern und Landwirten sowie landwirtschaftlicher Produktion. Das Ergebnis sind wachsende Anforderungen an die Erzeuger, eine große Zahl an Standards sowie viele einzelne Nachhaltigkeitsinitiativen. Um den Anforderungen von NGOs, Händlern und Einzel-handel gerecht zu werden und ein gesundes finanzielles Gleichgewicht zu wahren, werden Volumen und Effizienz weiter steigen. Darum ist ein einheitlicher Ansatz des gesamten milchwirtschaftlichen Sektors essentiell für eine zukunftsfähige Milchbranche.“
Moderiert vom Chefredakteur des Landwirtschaftlichen Wochenblatts Anselm Richard nutzten die rund 120 Teilnehmer die Gelegenheit, die angesprochenen Aspekte eingehend mit den Referenten zu diskutieren und zu vertiefen. Aktiver Dialog am „runden Tisch“ der Milchwirtschaft.