Willich/Krefeld. Die Halbjahrespressekonferenz der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (LV Milch NRW) fand bei der Bio-Molkerei Schauhof GmbH der Familie Zens in Willich statt.
Der Geschäftsführer, Dr. Rudolf Schmidt, erläuterte die Lage auf dem NRW-Milchmarkt: Die Preise für Milch und Milchprodukte seien in den vergangenen Monaten sehr deutlich gefallen. Der Rohstoffwert und der Spotmilchmarkt zeigen sich auf sehr niedrigem Niveau. Damit schlägt das Pendel zurück, was im vergangenen Jahr ein nie dagewesenes Rekordhoch am Milchmarkt bescherte. Neben dem Rückgang der Nachfrage durch die extrem hohen Preise für Milchprodukte sei auch die angestiegene Rohstoffmenge verantwortlich für die Marktschwäche. Weniger schwankend hingegen und eher als „gekommen um zu bleiben“ zeigen sich für die gesamte Branche die deutlich gestiegenen Produktionskosten. Auch die Diskussion um Klima, Nachhaltigkeits-, Ernährungs- und Tierwohlfragen und die daraus resultierenden zum Teil entgegengesetzten Anforderungen seitens Gesellschaft und Politik erschweren den notwendigen Transformationsprozess.
Der NRW-Milchmarkt in Zahlen
Die Milchanlieferung in NRW ist im Zeitraum Januar bis April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,2 % leicht gestiegen. Auch in Deutschland (+2,1 %) und der EU (+0,2 %) ist – hier im Zeitraum Januar bis März – eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Weltweit ist das Milchaufkommen der größten Exportländer im ersten Quartal unterschiedlich. Während Nordamerika ein Plus von 1,2 % aufweist, ist auf der Südhalbkugel, insbesondere in Südamerika ein leichter Rückgang zu beobachten. Gleichzeitig nahm der Export aus Deutschland in vielen Produktgruppen ab. Die Milchmenge am Markt war daher hoch und die Notierungsergebnisse sanken im ersten Quartal 2023 weiter. Diese Entwicklung führte in den ersten Monaten des Jahres zu stark sinkenden Erzeugerpreisen. Weiter hohe Verbraucherpreise in den ersten Jahresmonaten bedingten gleichzeitig einen Absatzrückgang. Die Erzeugerpreise mit im Mittel 51 Cent Cent/kg konventionell erzeugter Milch (4 % Fett, 3,4 % Eiweiß) lagen im ersten Quartal noch 14,5 % über dem Vorjahr, allerdings mit deutlich sinkender Tendenz (April: 45 Cent), während die extrem gestiegenen Produktionskosten (Dünger, Futtermittel, Kraftstoffe etc.) weiter bestehen. Für die Biomilcherzeugung ist mit einem Auszahlungspreis von im Mittel 61,03 Cent/kg die Situation mit 14,4 % über dem Vorjahr ähnlich, jedoch ist der Preisverfall hier nicht so deutlich (April: 58,96).
Regional, nachhaltig und transparent – Kreislaufwirtschaft vor den Toren Düsseldorfs
Familie Zens bewirtschaftet ihren Milchkuhbetrieb mit rund 90 Kühen in siebter Generation. Seit 2016 ist der „Schauhof“ Bioland zertifiziert und produziert in der Hofmolkerei in erster Linie Frischmilch. Doch das Fleckvieh, so Peter Zens, setzt als robuste Doppelnutzungsrasse auch mehr Fleisch an. Das Futter, überwiegend Luzerne und Kleegras, wird selber angebaut. Auch bleiben die Kälber für 4-6 Wochen bei den Mutterkühen. Hinzu kommen hofeigener Honig, Eier und Kartoffeln. Eine ideale Ausgangslage für eine erfolgreiche Direktvermarktung. „An unseren Hofautomaten können die Menschen aus Willich und Umgebung frische Lebensmittel kaufen, die hier regional produziert wurden“, erläutert Landwirt Peter Zens. „Auch die Kindertagesstätten der Stadt Willich beziehen ihre Milch direkt von unserer Hofmolkerei“, ergänzt Petra Zens.
„Betrachtet man die Situation der Milchwirtschaft in NRW insgesamt, so zeigen sich zahlreiche zukunftsweisende Ansätze auf den rund 4800 Milchkuhbetrieben, auch bei den konventionell wirtschaftenden“ so Hans Stöcker, Rheinischer Vorsitzender der LV Milch NRW, „sei es im Energiesektor mit Biogas, Photovoltaik und Windenergie, sei es durch die CO2-Bindung in den bewirtschafteten Flächen oder die Kulturlandschaftspflege. „Gerade Milchwirtschaft bedeutet immer auch Kreislaufwirtschaft par excellence“. Die Situation erfordert einen nachhaltigen und ganzheitlichen Umgang mit unseren Ressourcen. Wenn wir es zulassen, dass heimische Milchwirtschaft aufgibt oder abwandert und Milch trotz wasser- und grünlandreicher Gunstregion zur Importware wird, werden wir unserer Verantwortung der nächsten Generation gegenüber nicht gerecht.
Sorge bereitet der Branche auch die Schwerpunktsetzung der politischen Rahmenbedingungen. Während Rauschmittel legalisiert werden, sollen Milch und Käse mit einem Werbeverbot belegt werden. Dies stellt eine nicht hinnehmbare Diskriminierung von gesunden Lebensmitteln dar, die weitere Auswirkungen auf den Strukturwandel in der Milchwirtschaft haben wird.
Die Milchkuhbetriebe in NRW befinden sich bereits im Transformationsprozess. „Um hier weitere Schritte zu gehen, muss dies für die Betriebe, die in der Regel von Familien geführt werden, auch zeitlich umsetzbar und finanziell leistbar sein“, betont Stöcker. Sonst werde der Strukturwandel weiter rasant vorangetrieben, da ohne verlässliche politische Rahmenbedingungen und Planungssicherheit gewährende Finanzierungsinstrumente die kommende Generation auf vielen Höfen nicht die Nachfolge antreten könne.